Gemeinsam Golfen mit Alligatoren, Capybaras und einer Boa Constrictor

Der Olympische Golfplatz in Barra de Tijuca mit seiner weitläufigen Grünfläche ist einer der tierreichsten Plätze der Welt. Aktuell sind 290 verschiedene Tierarten katalogisiert.

Der im November 2015 eingeweihte olympische Golfplatz in Barra da Tijuca wurde für die Spiele in Rio 2016 unter zahlreichen Protesten und Gerichtsverfahren gebaut. Nun ist es in Rio de Janeiro möglich, gemeinsam mit Alligatoren und Wasserschweinen sogenannte Cabybaras auf einem der besten Golfplätze der Welt Golf zu spielen. Mit etwas „Glück“ kann auch die beherbergte ca. 2 Meter lange Boa Constrictor gesichtet werden. Bronzekiebitze, in Brasilien wegen ihrer Laute „Quero-Quero“ genannt, Spechte und wachsame Augen von Eulen begleiten den Golfer bei den meisten Löchern.

Eulen beobachten still die Golfspieler

Positive Umweltveränderungen

„Ich musste viele Gegendarstellungen machen“, erinnert sich der Präsident der Olympischen Anlage, Carlos Favoreto an die Zeit als Demonstranten drei Monate lang das Gebiet besetzt hatten. „Die Staatsanwaltschaft interveniert bis heute, aber ein Sachverständiger war bereits dreimal auf Ersuchen der Justiz hier und kam immer zu dem Schluss, dass der Ort besser geworden ist.“ Die Hauptkontroverse betrifft die Tatsache, dass der über eine Million Quadratmeter große Golfplatz offiziell ein Umweltschutzgebiet einnimmt. Doch ein Großteil des Geländes mit seinen riesigen Sandstreifen wurde früher als illegale Müllhalde verwendet. Und die dort lebenden Tiere waren leichtes Ziel für irreguläre Jäger.

Nach den Plänen von Golfarchitekten Jil Hanse sollte ein Jahrzehnte alter Feigenbaum gefällt werden. Doch die Verantwortlichen der Golfanlage haben diesen imposanten Baum einen Ehrenplatz gegeben. „Wir haben beschlossen, den Baum dort zu lassen und die Route umzuleiten“, sagt Favoreto. Um das Gebiet wiederherzustellen, wurden Tausende Arten einheimischer Bäume und Sträucher gepflanzt. Ein speziell trockenheitstoleranter Rasen wurde aus Texas / USA importiert. Er verbraucht bis zu 40% weniger Wasser als ein herkömmlicher in Brasilien wachsender Rasen. Gemäß Angaben der verantwortlichen Biologen hat das Gelände einen 167% Anstieg der Vegetationsbedeckung gegenüber im Vergleich vor den Olympischen Spielen.

Vielfältige Tierwelt im Einklang der Natur

Mit dem Wachstum der Pflanzen begannen die Wildtiere nach und nach, ihren natürlichen Raum wieder zugewinnen. Aktuell sind 290 Tierarten katalogisiert, verglichen mit 118 zu Beginn der Erholung des Gebiets.

Alligatoren beobachten das Golfspiel Es ist absolut möglich, auf Dutzende von Alligatoren und Capybaras zu stoßen. Auch eine Boa Constrictor und ein Faultier wurden schon in der Nähe eines Greens gesichtet. Eulen und ihre Jungen kommen gelegentlich aus ihren Höhlen, welche sich in manchen Sandbunkern gemütlich gemacht haben. Und unzählige Schmetterlinge färben den Abend – darunter der seltene Strandschmetterling.

Keiner von diesen Spezies benötigt eine spezielle Behandlung. „Die wilden Tiere des Olympischen Golfplatz Rio de Janeiro werden nicht von Tierpflegern oder Stammgästen gefüttert. Alles dient vor Ort den  Umweltbildungsarbeiten welche hier durchgeführt werden“, erklärt die Biologin Luciana Andrade. Sie ist für die Überwachung der Fauna und Flora des Feldes verantwortlich. „Das gesamte Gelände befindet sich in einem so guten Gleichgewicht der Umwelt, dass sie diesen Tieren genügend Nahrung und Schutz bietet.“

Vor ein paar Tagen wurde erstmals ein Buschhund in der Gegend gesehen und neu in die Liste aufgenommen. Mit seinen scharfen Zähnen könnte er schon den einen oder anderen Golfer aus der Konzentration bringen. Doch keine Angst, die meisten Tiere sind sehr scheu und sind kein Risiko für die Spieler, beruhigt Luciana. Und im Falle eines Vorfalls steht  ein multidisziplinäres Team zur Verfügung, um allen zu helfen, die Hilfe benötigen.

Übersetzt aus der Tageszeitung ESTADO DE SAO PAULO / 15.07.2020